14.10. - 25.10. Albanien

Am 14.10. ist es dann soweit wir machen uns auf Richtung albanische Grenze. Auf schmaler Straße umfahren wir die Lagune und bewundern die mediteranen Gärten. Überall gibt es an kleinen Ständen am Straßenrand frisch geerntete Grantatäpfel, Mandarinen, Melonen und Tomaten zu kaufen. Die Olivenernte ist auch gerade in vollem Gang. Leider ist die Feigenernte jetzt vorbei und es gibt nur noch die auf lange Schnüre aufgezogenen getrockneten Feigen zu kaufen. Auch überraschend große und prächtige Häuser sehen wir in diesem abgelegenen, ländlichen Bereich. Die Idylle wäre perfekt, wenn nicht an vielen Stellen der Müll einfach an den Straßenrand gekippt würde.

Kurz hinter Sukobin erreichen wir die Grenze und die Grenzabwicklung geht super schnell und unproblematisch. Direkt hinter der Grenze sind einige Geldwechselstuben, von denen aber nur eine besetzt ist. Ich möchte gerne ein paar Albanische LEK eintauschen, damit wir mit Landeswährung versorgt sind. Allerdings hätte ich zu einem Geldautomaten mehr Vertrauen, als zu diesen Herren, mit denen keine Verständigung möglich ist. Ein Kurs wird auch nicht genannt. Quittung gibt es ebenfalls nicht. Ich beschränke meinen Umtausch auf 20,-- Euro und bekomme 2500 LEK, was sich im Nachhinein als voll in Ordnung rausstellt (1 Euro = 125 LEK). Auf jeden Fall reicht die getauschte Barschaft um kurz darauf in einem kleinen Laden eine SIM-Karte zu erwerben. So schnell und einfach wie hier hat das noch nie geklappt und für rd. 12 Euro bekommen wir nun 20 GB von Vodafone Albania. 

 

Unser erstes Ziel ist ein Strand in einem Naturschutzgebiet mit dem langen Namen Peisazh i Mbrojtur Lumi BunaVelipoje. Auf der Straße dorthin sehen wir 8 Schlangen, die sich auf dem Asphalt sonnen. So viele haben wir in ganz Montenegro nicht gesehen. Der lange Sandstrand ist ziemlich vermüllt und insgesamt reizt uns der Ort nicht zum Verweilen. Luftlinie sind wir nur 11 km von unserem letzten Standort am Bojana Delta entfernt. Da es in dieser Gegend aber nur sehr wenig Straßen und keine Brücken über die Buna, den Grenzfluss zwischen Montenegro und Albanien gibt, mussten wir über 50 km fahren um vom Delta hierhin zu gelangen. Unser nächstes Ziel ist Shengjin und entfernungsmäßig ergeht es uns ähnlich. Luftlinie nur 12 km entfernt, aber mangels Straßen wieder eine Fahrstrecke von über 50 km.

Der Zustand der Straßen ist sehr unterschiedlich. Einige sind üble Buckelpisten, auf denen 20 Stundenkilometer schon zu schnell sind. Andere sind recht gut – aber gerade das ist oft tückisch, denn das nächste derbe Schlagloch kommt mit Sicherheit dann, wenn man es gar nicht mehr erwartet. Dazu kommt, dass man diese „Löcher“ oft kaum sieht, da es keine klassischen Schlaglöcher sondern Vertiefungen in der Asphaltdecke sind, die so richtig auf die Stoßdämpfer gehen. Wir lernen auch ganz schnell vor allem an Brücken vorsichtig zu sein. Hier wurden keine Dehnungsstreifen verarbeitet und die Farbahnschäden sind oft erheblich. Gleich zwei sehr hohe Verkehrsberuhigungsschwellen und das auf einem Beschleunigungsstreifen zur Autobahn – ja das gibt es hier alles.

Dazu kommt der Fahrstiel der Albaner, der sich deutlich von der Fahrweise in Montenegro unterscheidet. Verkehrskennzeichen und Markierungen sind reichlich vorhanden, werden aber als reine Zierde betrachtet. Es hält sich kein Mensch dran. Überholt wird immer und ziemlich knapp und auch mal mit drei Fahrzeugen nebeneinander. Gern auch aus zweiter oder dritter Reihe und rechts oder links ist doch auch egal. Oder?

 

In Shengjin finden wir einen netten Parkplatz neben einem hübschen Restaurant direkt am Meer. In der Stadt herrscht der absolute Bauboom. Ein Apartmenthochhaus entsteht neben dem anderen. Die Betonmischer fahren Tag und Nacht. Schauen wir zur rechten Seite aus unseren Fenstern ist das Idylle pur. Sandstrand, Meer, Sonnenuntergang und ein nettes Restaurant mit weiß wehenden Stoffverkleidungen. Zur anderen Seite sieht das ganz anders aus. Am Straßenrand liegt Gerümpel und ein Hochhaus entsteht neben dem Nächsten.

Kurz vor Sonnenuntergang besuchen wir das Restaurant mit dem einprägsamen Namen „X“. Die Küche ist offen einsehbar und superordentlich. Wir bezahlen zusammen 25 Euro für zwei große gegrillte Doraden mit Salat, Pommes und Getränken. Kostenlos gibt es als Vorspeise frisch gebackene Pizzazunge – sehr lecker! Nachdem die Sonne optisch sehr wirkungsvoll im Meer versunken ist, kommen leider wieder die geflügelten Plagegeister und wir verziehen uns nach dem leckeren Essen recht schnell wieder in den Sprinter.

Krauskopfpelikan

Am 15.10. steuern wir den Parku Kombetar Divjake-Karavasta an. Der National-park  liegt kurz hinter Durres an der Laguna e Karavastase. 1994 gegründet umfasst er 22230 ha davon entfallen 4.300 ha auf die Lagune. Für Zugvögel und seltene Wasservögel ist er ein bedeutendes Refugium und er beherbergt 5% der Weltpopu-lation der seltenen Krauskopf-pelikane (Pelicanus crispus).

Krauskopfpelikan

Am Besucherzentrum können wir zwei dieser beeindruckenden Vögel aus nächster Nähe erleben. Es handelt sich hierbei um Johnny, der leider aufgrund eines gebrochenen Flügels nicht mehr fliegen kann und seine Gefährtin, die sich an den hier regelmäßig gereichten Fisch (1,5 kg pro Tag und Vogel) gewöhnt hat und ebenfalls geblieben ist.

 

So Auge in Auge mit einem Pelikan erkennt man erst, wie groß diese Vögel sind. Ein Höckerschwan ist zierlich dagegen. Mit einer Körperlänge von rd. 180 cm, bis 12 kg Gewicht und einer Flügelspannweite von bis zu 320 gehört der Krauskopfpelikan zu den größten Arten der Gattung. 

Krauskopfpelikan

Wir schauen uns die Informationstafeln in dem Besucherzentrum an und kommen dann mit einem Ranger ins Gespräch. Auf unsere Frage, ob Führungen möglich sind, kommt die promte Gegenfrage „Jetzt sofort?“. Ja klar – falls möglich. Und es ist möglich. Mit unserem Sprinter geht es in die Salzwiesen der Lagune zu einem Aussichtsturm, von dem wir einen guten Überblick über die Lagune haben. Die hier lebenden Flamingos sind allerdings so weit weg, dass sie nur durch das Spektiv von Ervin, unserem Ranger, zu erkennen sind. Wir fühlen uns wie in der Carmague. Dazu trägt sicherlich die Salzvegetation der Lagune bei vor allem aber die vielen Mücken, die sich trotz Mückenspray auf uns stürzen. Glücklicherweise folgen sie uns nicht auf den Beobachtungsturm. 

Anschließend fahren wir zu einer anderen Stelle im Nationalpark, an dem sich die Pelikane oft versammeln. In der Brutzeit leben und nisten sie auf einer Insel in der Lagune. In der Zeit von Januar bis Mai können Beobachtungstouren mit dem Boot unternommen werden. Jetzt sind die Jungvögel längst flügge und die Pelikane halten sich am Meer auf. Wir machen eine Wanderung durch die wattartige Landschaft. Das ist ganz schön anstrengend, da der Boden weich ist und wir bei jedem Schritt einsinken. Der Divjaka-Karavasta Nationalpark ist ein Paradies für Ornithologen. Ich kenn mich da ja nicht so aus, aber hier sind sehr viele Vögel und sehr viele verschiedene Vogelspezies unterwegs – Fischreiher, Seidenreiher (schwarzer Schnabel) und die größeren Silberreiher (gelber Schnabel), verschiedene Möwenarten, Strandläufer, Kormorane, Flamingos und natürlich die Pelikane. Heute entdeckt Ervin leider nur zwei Pelikane, aber wir sehen ein Fischerboot und er erklärt, dass hier oft illegal gefischt wird. Mit dem Fernglas können wir die Vögel gut beobachten. Meine Kamera ist mit der verbleibenden Entfernung etwas überfordert, aber wir wollen den Pelikanen auch nicht zu nah auf die Federn rücken. Außerdem wird jedes Foto mit ein paar Mückenstichen erkauft, da die Plagegeister zulangen, sobald man ruhig stehen bleibt.

Krauskopfpelikane

Wir erfahren, dass kürzlich erst ein großes, touristisches Bauprojekt im Park verhindert werden konnte. Trotzdem findet eine intensive touristische Nutzung statt. An der Straße zwischen Meer und Lagune sind etliche Ausflugslokale und Hotels angesiedelt. Strandbars mit Sonnenschirmen zeigen uns, dass hier im Sommer reger Badebetrieb herrscht. Der breite Salzwiesenbereich zum Meer hin wird von jedem der Lust hat mit PKW befahren. Etliche Fahrspuren durchziehen das Gelände. Unsere Frage, ob wir hier am Strand übernachten können, wird mit Verwunderung aufgenommen – und zwar nicht weil wir hier stehen möchten, sondern weil wir überhaupt fragen.

 

Am nächsten Morgen mache ich mich noch einmal auf den Weg zum Pelikanstrand. Diesmal kann ich zehn Vögel beobachten, gehe aber auch nicht näher heran als gestern. Leider gibt es keine Beobachtungshäuschen und so ist man natürlich für die Vögel weithin sichtbar. Das Morgenlicht taucht die Salzvegetation in eine schon unwirklich rot-violette Farbe. Ervin hatte erklärt, dass die Pflanzen nicht in jedem Herbst diese Farbe annehmen.

 

Bevor wir weiterfahren halten wir noch einmal am Besucherzentrum und ich mache mit Johnny und Freundin eine kleine Fotosession. So nah werde ich den Krauskopfpelikanen vermutlich so schnell nicht wieder kommen. (Kontakt: Ervin Allushi, Phone: +355 69 88 71 960, e-mail: ervinallushi@gmail.com).

Wir fahren die SH4 über Lushnje und wechseln kurz hinter Fier auf die A2. Bei Vlore stoßen wir wieder auf die Küste und fahren auf der SH8 am Meer entlang. Trotzdem ist es nicht einfach einen schönen Platz mit Bademöglichkeit für die Mittagspause zu finden. Teilweise liegt das an der Steilküste, teilweise aber auch an den vielen abgezäunten Privatstränden. Letztlich werden wir an einem Ministrand doch noch fündig.

 

Bei Orikum verlässt die SH8 die Küste und kurz darauf geht es hoch zum Llogara Pass. Die Passhöhe liegt auf 1027 Metern und die Straße wird gerade neu geteert. Die Strecke bis zur Passhöhe windet sich durch dichten Wald. Direkt nach der Passhöhe und den dort gelegenen Ausflugslokalen eröffnet sich ein schöner Blick auf die Bergwelt und den weiteren Küstenverlauf.

LLogara Pass

Wieder unten angekommen, biegen wir noch vor der kleinen Schlucht nach rechts zum Meer ab. Dort haben wir von oben eine Ferienhaussiedlung und einen ziemlich großen Sandstrand gesehen (Qarku i Vlores). Das erweist sich leider als totaler Flop. Der Strand ist extrem zugemüllt, die Ferienhaussiedlung noch komplett im Bau – nichts wie weg.

 

Weiter geht es auf der SH8 entlang der Küste. Es ist landschaftlich recht nett, aber auch nichts, was uns vom Hocker reißt. Eine hübsche Ausnahme stellt der Ort Dhermi da, der malerisch an einer kleinen Schlucht gelegen ist und noch nicht durch moderne Bauten verschandelt wurde.

Stadt, Berge, Dhermi, Albanien

Kurz hinter Vunoi biegen wir zur Küste ab und fahren zum Strand von Jale. Direkt nebeneinander liegen hier zwei Strandabschnitte. Der Folie Marina Beach ist gar nicht zugänglich. Hier wird gerade gebaut was das Zeug hält. Der Jale Beach hat vor nicht allzulanger Zeit eine nette Uferpromenade bekommen und wir finden einen Platz an einer direkt daneben liegenden Sackgasse. Ansonsten liegt dieser Ort noch im Dornröschenschlaf. Die Strandbars und Restaurants haben derzeit alle geschlossen, der kleine CP auch und von größeren Bauvorhaben blieb die Bucht bislang verschont. Uns gefällt es ganz gut hier

Letztlich so gut, dass wir uns vier Tage Badeurlaub genehmigen. Wir packen das Kanu aus und unternehmen Paddeltouren über das spiegelglatte und superklare Meer. Vor allem eine kleine Bucht, die nur vom Meer aus zugänglich ist hat es uns angetan. Sie wird unser bevorzugtes Ziel um für nahtlose Bräune zu sorgen und etwas für unsere Vitamin-D-Versorgung zu tun. Aber auch mit fantastischen Sonnenuntergängen kann Albanien aufwarten. Das bei diesem Sonnenuntergang kein Photoshop am Werk war ist kaum zu glauben aber wahr!

Sonnenuntergang Jale Beach

Am 20.10. reißen wir uns von unserem schönen Badeurlaub in Jale los. Hauptsächlich, weil unsere Vorräte zur Neige gehen, aber auch weil wir mal wieder etwas Neues sehen wollen. In der Küstenstadt Himare kaufen wir einige Grundnahrungsmittel wie Brot, Kartoffeln, Äpfel und Eier ein. Der Preis überrascht uns sehr, da wir überall gehört haben, dass diese Lebensmittel in Albanien günstig sind. Auf die Küstenregion bei Himare trifft das nicht zu. Auch ein zweiter Supermarkt ist vergleichbar teuer.

Wir fahren auf der Küstenstraße weiter und sehen immer wieder kleine und große Buchten mit schönen Sandstränden, an denen es überhaupt kein Problem wäre mit dem Wohnmobil länger zu verweilen. Interessant sieht auch das Fort Porto Palermo (Kalaja e Porto Palermos) aus, das auf einer Halbinsel direkt an der Küstenstraße liegt. Die „Fastinsel“ ist nur durch einen ganz kleinen Landstreifen mit dem Festland verbunden. Ein richtiges Postkartenmotiv.

Fort Porto Palermo Albanien

Uns zieht es weiter zu unserem Ziel Syri i Kalter (Blaues Auge), einer Quelle im gleichnahmigen Naturpark. Der Naturpark liegt von Sarande rd. 16 km im Landesinneren und die SH99 die uns dorthin führt ist in sehr unterschiedlichem Zustand. Die letzten 2 km bis zu der Quelle sind allerdings nicht asphaltiert und eine echt heftige Schlaglochpiste. An dem nur einspurig zu befahrenden Weg über den Staudamm befindet sich eine Zahlstelle. Wir zahlen 200 LEK/Person (1,62 Euro) Eintritt und holpern weiter über die Piste bis zu dem großen Parkplatz an dem ersten Restaurant. Von dort ist der Quelltopf zu Fuß nur noch rd. 100 Meter entfernt. Die Karstquelle Syri i Kalter ist mit rd. 7,5 m³/s die wasserreichste Quelle Albaniens. Allerdings schwank der Ausstoß, wie eine Infotafel erklärt, recht stark. Im Sommer 2004 war die Quelle sogar vorübergehend ausgetrocknet. Das kann man sich nur schwer vorstellen, wenn man einen Blick in den riesigen Quelltopf wirft. Dieser konnte bis zu einer Tiefe von rd. 50 Metern erforscht werden. Sein Grund wurde dabei aber noch nicht erreicht.

Syri i Kalter - Quelltopf "Blaues Auge"

Im Sonnenlicht hat das Wasser im Quelltopf eine tief dunkelblaue Farbe. Jedenfalls wenn man es direkt von oben betrachtet, was gar nicht einfach ist, da die dort ehemals angebrachte Aussichtsplattform nur noch rudimentär vorhanden ist.

 

Thomas traut sich trotzdem nach einem kurzen Stabilitästest auf den rostigen Ausleger und macht ein paar tolle Fotos. Es ist schon beeindruckend hier quasi einen ganzen Fluss entstehen zu sehen. Auf der einen Seite ist festes Land, auf der anderen fließt ein ca. 4 Meter breiter Fluss munter vor sich hin.

 

Das Wasser ist durchgängig um die 12 Grad warm und schimmert im Sonnenlicht in allen Farbschattierungen. Je nach Untergrund und Sonneneinstrahlung reicht die Farbpallette von leuchtendem Türkisgrün bis dunklem Königsblau. Im hier entstehenden Fluss und in der Umgegend liegen die toten Stämme von ehemals riesigen Bäumen. Einer von ihnen hat einen Durchmesser von fast 2 Metern. Im ganzen Umland wachsen heutzutage keine auch nur annähernd so dicken Bäume. Wäre interessant mehr darüber zu erfahren.

Von Syri i Kalter fahren wir weiter Richtung Gjirokaster. Nachdem wir auf der SH99 die Berge überquert haben, erreichen wir bei Jorgucat die riesige, brettebene Dropull Tiefebene. Von hier aus folgen wir der SH4 bis Gjirokaster. Direkt unterhalb der Burg finden wir einen Parkplatz, an dem wir auch übernachten. Das Umfeld dieses Platzes ist typisch für Albanien. Über uns liegt die historische Burganlage. Neben uns auf der einen Seite ein großes, total verfallenes und vermülltes Gebäude. Auf der anderen Seite haben wir einen schönen Blick über das Tal auf Teile der Altstadt mit ihren steingedeckten Häusern. Extreme Kontraste halt.

Basarviertel Gjirokaster Albanien

Gjirokastra zählt seit 2005 zum UNESCO-Welterbe und ist eine der ältesten Städte Albaniens. Die malerischen, älteren Stadtteile ziehen sich am Hang des Mali i Gjere Gebirges hinauf. Die neueren Stadtteile liegen mehr im unteren Bereich und reichen bis hinab in die Tiefebene. Die Hochhäuser laden allerdings überhaupt nicht zu einer näheren Erkundung ein. Gjirokastra trägt auch den Beinahmen „Stadt der Steine“. Das kommt daher, das die Dächer der alten Häuser mit Steinplatten aus den umliegenden Bergen gedeckt wurden. Ein Baumaterial, das klimatisch vorteilhaft war und vor allem preisgünstiger als Ziegel. Fast alle Häuser sind durch weiße Außenfassaden und hohe Holzfenster gekennzeichnet.

Am nächsten Morgen machen wir uns an den Aufstieg in den oberen Teil der Altstadt. Als erstes kommen wir in das sogenannte Basarviertel. Die Häuser sind frisch restauriert. Ob originalgetreu ist fraglich, so gleichförmig wie sie aussehen. Das Warenangebot ist touristisch und reicht von Andenken aller Art über einheimisches Kunstwerk wie Steinmetz- und Holzarbeiten. Wir gehen durch die Gassen und kommen zu dem Skenduli-Haus, einem alten Herrenhaus, das besichtigt werden kann. Ein erster Blick in die untere Etage ist aber nicht besonders vielversprechend und da sich niemand blicken lässt gehen wir wieder und machen uns an den Aufstieg zur Burg (Kalaja).

Der Eintritt beträgt 200 LEK/Person und da wir auch das Museum besichtigen möchten, zahlen wir zusammen insgesamt 800 LEK (6,50 Euro). Die Eintrittspreise in Albanien sind wirklich sehr moderat.

Das Museum gliedert sich in zwei Teile. Einmal ein Militärmuseum mit Ausstellungsstücken, die zeitlich zwischen 1912 und dem Zweiten Weltkrieg angesiedelt sind. Diese ganze Waffensammlung wirkt auf uns sehr bedrückend und wir widmen uns lieber den unteren Räumen, in denen viele Informationen zu der Stadt und ihrer Entwicklung im Lauf der Zeit zu erhalten sind.

Gjirokaster, Burg, Flugzeug, Lockheed T-33

Im Außenbereich rostet ein altes US-amerikanisches Flugzeug (Lockheed T-33) vor sich hin, das zumindest in Kombination mit dem Weitblick von den Burgmauern ein interessantes Fotomotiv darstellt. Schön anzusehen ist auch der Bereich mit dem Uhrenturm und die Aussicht auf das Basarviertel und die alten Gebäude unterhalb des Uhrenturmes.

Esel, Albanien

Am nächsten Morgen fahren wir auf der SH4 weiter. Nach einiger Zeit verläuft die gut ausgebaute Straße entlang des Drinos, der sich noch völlig frei seinen Weg durch die Landschaft suchen kann. Nach einiger Zeit wechseln wir auf die SH 75 die entlang des türkis schimmernden Flusses Vjosa am Rand des Zagorise Nationalparks entlangführt. Diese extrem türkise Farbe scheint hier vielen Flüssen zu eigen zu sein. Die SH 75 ist gut zu befahren – jedenfalls bis kurz vor Permet. Ab dort wird sie zu einer schlechten Buckelpiste.

Permet liegt auf der uns gegenüberliegenden Seite der Vjosa und die Stadtsilhouette lädt uns nicht zu einer Besichtigung ein. Also holpern wir weiter bis kurz vor Petran. Dort biegen wir in den Nationalpark Hotova-Dangell (Parku Kombetar i Bredhit te Hotoves-Dangelli), den größten NP Albaniens ein. Unser Ziel sind die Thermalquellen von Benja.

Nach einiger Zeit endet die Asphaltstraße und eine Schlaglochpiste führt bis kurz vor die alte, osmanische Steinbrücke Ura e Kadiut. Die Brücke schwingt sich in einem eleganten Bogen hoch über die momentan nur sehr wenig Wasser führende Lengarica. Sie zu passieren ist für mich zumindest beim ersten Mal gewöhnungsbedürftig, da die Brücke nicht besonders breit ist und kein Geländer hat. Auch die teilweise von vielen Füßen glattpolierten, unregelmäßigen Steine machen die Sache nicht einfacher. Aber ich gewöhne mich daran, schließlich passieren wir die Brücke jedes Mal, wenn wir zu den Thermalbecken auf der anderen Flusseite wollen.

Brücke Ura e Kadiut

Bei den sechs Thermalquellen tritt bis zu 30°C warmes Wasser hervor, dass umso schwefelhaltiger ist, je tiefer man Richtung Canyon geht. Die Becken bestehen aus vermauerten Natursteinen, über die das überschüssige Wasser abläuft. Teilweise kann man am Boden der Becken den feinen Kies an den Stellen aufwirbeln sehen, wo die Quelle von unten hochdrückt. Wir baden das erste Mal am frühen Morgen. Die Außentemperatur liegt bei 13 Grad und das Becken ist leicht am dampfen. Also nichts wie rein ins warme Nass. Doch so warm wie erwartet ist es dann doch nicht. Wir halten nur kurz aus und beschließen die Badekur fortzusetzen wenn die Sonne über den Berg scheint und die Becken im warmen Sonnenlicht liegen.

Thermalquellen von Benja und Langarica Schlucht von oben.

Es wartet hier aber noch eine weitere Attraktion auf uns. Wenn man entgegen der Fließrichtung dem Flusslauf folgt, erreicht man kurz darauf die Langarica-Schlucht (alb. Kanioni i Langarices). Hierbei handelt es sich um eine sehr schmale Klamm, die rund 4 Kilometer lang und bis zu 140 Meter tief ist. An ihrer engsten Stelle hat sie nur 3 Meter Breite. Diese Beschreibung mach Lust die Schlucht zu entdecken. Die Zeit dafür ist momentan auch ideal für eine Schluchterkundung geeignet, da die Langarica Niedrigwasser hat und der reichlich vorhandene Schlamm schon so verfestigt ist, dass man kaum noch einsinkt – jedenfalls nicht wenn man aufpasst.

Langarica Canyon
Suchbild mit Ute

Allerdings führt kein Weg oder ähnliches durch den Langarica Canyon. Den muss man sich je nach Wasserverhältnissen selber suchen.

 

Wir ziehen für die Wanderung unsere Tauchschuhe an und diese erweisen sich als gute Wahl.

 

Sie bleiben nicht im Schlamm stecken, trotzen den ca. 15 Flussdurchquerungen und geben auf den vielen Steinen im Flussbett ausreichend Halt.

 

Langarica Canyon
Suchbild mit Thomas

Man muss nur sehr gut aufpassen, wenn noch Schlamm unter den Sohlen klebt und man damit über die runden Flusskiesel in allen Größen balanciert. Das ganze Unterfangen braucht also Zeit, aber es lohnt sich. Der besondere Höhepunkt sind natürlich die Schmalstellen, an denen man kaum noch den Himmel sieht. Die Schlucht macht fast 90 Grad Wendungen und man hat den Eindruck, dass man geradeaus nur vor eine Wand läuft und der weitere Weg ist erst zu erkennen, wenn man die Stelle erreicht hat. In der Schlucht gibt es auch mehrere Höhlen. Zu einer höhergelegenen Höhle führt eine abenteuerliche Holzleiter. Nun ja – früher vielleicht eine Leiter. Jetzt fehlen ihr zu viele Sprossen.

Auf den Fotos ist die Wirkung der Schmalstellen kaum festzuhalten. Selbst die Hochformate werden der Livewirkung nicht gerecht. Wegen des teilweise rutschigen Untergrundes und der vielen Flussdurchwatungen verpacke ich die Kamera jedesmal wasserdicht. Eine Vorsichtsmaßnahme, die nicht nötig gewesen wäre – aber bei diesen Untergrundverhältnissen kann man ja nie wissen.

Zurück am Ausgangspunkt gönnen wir uns ein Bad in den jetzt von der Sonne beschienenen Thermalbecken. Dabei lernen wir Dani und Kai kennen, die mit ihrem roten Bimobil unterwegs sind. Wir haben die Beiden schon öfters gesehen, aber erst jetzt ergibt sich die Gelegenheit zu einem netten, gemeinsamen Abend.

Am 23.10. fahren wir weiter mit dem Ziel Ohrid See. Lange Zeit folgt die SH75 dem türkisfarben schimmernden Flusslauf der Vjosa. Die Straße ist mittelmäßig und für Überraschungen gut, aber die Landschaft ist fantastisch. Besonders beeindruckt der Blick auf das Bergmassiv des Maja e Lalucit (2155m). Sein Gipfel ist der Größte eines Gebirgszuges, dessen Gipfel die Grenze des Nationalparks Zagorise bilden.

Auf der SH65 fahren wir ein kurzes Stück entlang der Grenze nach Griechenland und dann geht es Richtung Leskovik, einer kleinen Stadt in den Bergen. Hier gibt es wirklich viel Landschaft und auch interessante Begegnungen auf der Straße. Heute begegnen uns von Ziegen, über Schafe, Kühe und Pferde wirklich alles, was hier an Nutztieren so gehalten wird. Das hört sich im Straßenverkehr aber gefährlicher an, als es ist, da diese Tiere an Autos gewöhnt sind und sich entsprechend verhalten. Ich staune immer wieder, wie gelassen die Tiere bleiben, auch wenn wir nur ca. einen halben Meter entfernt an ihnen vorbeifahren. Sie schauen sich noch nicht mal nach uns um. Sicher – so ein Tier kann in einer Kurve auch mal direkt auf der Fahrbahn stehen. Ausgeschlossen ist das nicht. Aber meistens halten sie sich brav am Straßenrand und wir haben bei all den vielen Tierbegegnungen nicht ein einziges Mal erlebt, dass ein Tier erschrocken oder in Panik die Straße quert.

Maja e Lalucit, Berg, Albanien

Die SH 75 führt uns durch Erseke und ich kaufe in einem kleinen Tante Emma Laden ein. Hier sind die Preise wirklich günstig. Kein Vergleich mit der Küste. Dann kaufe ich in einem Cafe noch zwei Stück Kuchen, etwa zu dem gleichen Preis wie kurz davor den ganzen Korb mit Brot, Gemüse und anderen Lebensmitteln. Da merkt man sofort, welch ein Luxusgut dieser Kuchen ist.

 

Die weitere Strecke führt uns auch durch Korce, eine größere Stadt und wir nutzen die Gelegenheit um unsere Vorräte noch weiter aufzustocken. Eigentlich reicht uns die Fahrerei für heute und es wird auch schon etwas dämmerig und so beschließen wir uns außerhalb der Stadt einen Platz für die Nacht zu suchen. Daraus wird aber nichts, da in der an Korce anschließenden großen Ebene überall auf den Feldern Feuer brennen, die einen immensen Qualm erzeugen. Also fahren wir auf der Suche nach einem rauchfreien Plätzchen immer weiter und kommen so zu einer absolut nicht eingeplanten Nachtfahrt. Da sich unterwegs wirklich kein Plätzchen anbietet, fahren wir bis zu unserem Ziel, dem Drilon Nationalpark. Direkt neben dem Park ist ein großer Parkplatz und wir sind geschafft und froh, endlich die Fahrt beenden zu können.

Der Drilon Nationalpark liegt am Ohridsee in der Nähe von Pogradec. Die Bezeichnung Nationalpark ist ein wenig hochgegriffen für dieses kleine, gerade mal 500 x 350 m messende Gebiet, dass in unseren Augen eher einem kleinen Erhohlungspark gleicht. Bei dem Park handelt es sich um ein Quellgebiet. Die Quellen selber sind aber nicht zu besichtigen. Mehrere Brücken verbinden die von Wasserflächen umgebenen kleinen Halbinseln, auf denen mehrere Gaststätten umfangreiche Freiluftgastronomie unter schattigen Bäumen anbieten. Jede Menge Enten und Schwäne halten Ausschau nach fütterungswilligen Besuchern. Vor allem im Sommer bestimmt ein begehrtes Naherholungsgebiet von Pogradec.

 

Nach einem kurzen Rundgang durch den Park fahren wir weiter zum Großen Prespasee. Eine Landstraße führt durch verschiedene kleine Dörfer. Hier wird gerade die Maisernte eingebracht. Die Kolben werden von Hand von den umgebenden Blättern befreit und wandern dann in vergitterte Lagerschuppen. Nur in einem Dorf geht es gerade nicht um Mais. Hier werden Kräuter auf großen Planen getrocknet. Sogar eine Hälfte der Straße ist gesperrt, da auch hier eine Plane mit Kräutern ausgebreitet ist. Wir haben keine Ahnung, um welches Kraut es sich hier handelt – aber etwas seltsam finden wir das Ganze schon.

Über die neue, sehr gut ausgebaute SH79 geht es dann in die Berge und kurz vor Pustec biegen wir auf eine Piste Richtung Prespa See ab. Hier werden auch Kräuter angebaut, aber die kennen wir – es handelt sich um ausgedehnte Salbeianpflanzungen. In der Nähe des Hotel Aleksander fahren wir auf eine große wiesenartige Freifläche. Der See ist hier von hohem Schilf umgeben und nur einige Trampelpfade führen ans Wasser. Direkt vor uns liegt die kleine Insel Maligrad und ein Junge bietet uns eine Bootstour zu der Insel und der darauf liegenden kleinen Kapelle an. Meine Unternehmungslust leidet derzeit aber unter einer leichten Erkältung und so verbringen wir einfach nur einen ruhigen Tag am See.

Insel Maligrad im Großen Prespa-See mit erkennbarer Kapelle in der rechten Höhle.
Insel Maligrad im Großen Prespa-See mit erkennbarer Kapelle in der rechten Höhle.

Der Große Prespasee hat eine Fläche von 273 Quadratkilometern. Sein Wasserspiegel liegt rd. 850 Meter über Meeresspiegelniveau und er ist bis zu 54 Meter tief. Der überwiegende Teil des Großen Prespasees liegt in Nordmazedonien und in Albanien. Der kleinste Teil im Süden gehört zu Griechenland. Etwas südlich und vollständig auf griechischem Gebiet liegt der Kleine Prespasee, der unser nächstes Ziel ist.